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Rennsteig 17.05.2014

 

Der legendäre Rennsteiglauf. Und ich wollte auf der Marathonstrecke dabei sein.

Auf der einen Seite:

43,5 km, 1343m Höhendifferenz, das Ganze zwischen 841 und 622m über NN

auf der anderen Seite:

Schweinehund Pauli und ich, beide auf Meereshöhe aufgewachsen, 0,0 Bergerfahrung

 

Die Vorbereitungen liefen gänzlich anders, als vorgesehen. Im Januar habe ich mein Knie durchs MRT geschickt. Diagnose: Knorpelarthrose Grad II/III, ausschlaggebend war ein alter Reitunfall (Siehe auch Kapitel Kurskorrekturen. Kurzfassung: lasst euch nicht entmutigen)

Ralf und ich haben also den Plan sehr anpassen müssen. Entsprechend waren meine Befürchtungen, dass am Ende die Kraft nicht reicht. Außerdem haben wir mal wieder an meiner Wettkampfverpflegung experimentiert. Ich habe immer Probleme, dass unter langer, starker Belastung mein Magen durchdreht. Wir sind auf Chiasamen gekommen. Funktioniert einwandfrei. Macht im Vorwege etwas Arbeit und sieht skurril aus, wenn ich meine Riegel aus der Alufolie wickle, aber ich bin hoch zufrieden.

Mit Sabine (Physiotherapeutin und absolutes Goldstück) habe ich außerdem noch verstärkt am Muskelaufbau gearbeitet. Das hieß für mich zusätzlich 5x in der Woche 45 min Workout.

 

Start für den Marathon ist Neuhaus am Rennweg. Die allgemeine Stimmung entspannt, das Wetter windig aber trocken. Nur ein einziger Minuspunkt ist anzumerken: deutlich zu wenig Toiletten für so viele Läufer. Das konnte man auch auf den ersten Wald-km der Strecke beobachten. Hier wurde nachgeholt, was vorm Start nicht mehr ging. Beim Anstehen in der Toilettenschlange durfte ich ein Gespräch zwischen zwei anderen Läufern mithören und weiß jetzt, was eine Dixi-Zerrung ist. Hat sich der eine zugezogen während er versuchte freischwebend über der blauen Schüssel sein Geschäft zu verrichten. Er tat mir wirklich leid, aber alle Zuhörer waren amüsiert. Er selber nahm es auch mit Humor.

 

Kurz vor 9:00 Uhr, wir versammelten uns auf dem Sportplatz. Die übliche Stimmungsmache kennt man inzwischen. Beim Rennsteig ist alles etwas anders, da wird geschunkelt und gesungen. Als Nordlicht kämpfte ich mit einem Kulturschock aber die Stimmung färbte ab. So schunkelten Matthias und ich fröhlich mit.

Peng, der Startschuss fiel und die Menge hat sich äußerst entspannt in Bewegung gesetzt. Zum Aufwärmen kam gleich der erste Anstieg, danach aus Neuhaus raus und auf der Straße eine lang gezogene Bergabpassage. Die erste Getränkestelle kommt bereits nach knapp 6 km. Danach geht es in den Wald.

Die Wege sind vielseitig, von breiten befestigten Wanderwegen, bis hin zu sehr schmalen Trails ist alles dabei. Die Bodenbeschaffenheit reicht von Asphalt über Sand, Waldboden, Schotter, Steine, ausgeprägtes Wurzelwerk. Es ist alles dabei. Die Kopf- und die Koordinationsarbeit sind ziemlich anspruchsvoll. Da das Teilnehmerfeld recht eng ist, hat man häufig über km fortlaufend immer nur einen Meter Bodensicht vor sich. Hier den Blick entspannt durch die Landschaft schwelgen lassen, sollte man sich hier verkneifen.

 

Kurz nach der zweite Versorgungsstelle hatte auch ich einen Zwischenstopp im Unterholz gemacht. Ein Wort besonders an die Damen: wer hier ein Problem hat und nur auf einer „richtigen“ Toilette kann, sollte den Rennsteig von seiner Agenda streichen. Hier bleibt sich der Veranstalter treu. Wo so viele Bäume sind, braucht keiner ein Dixiklo.

 

Kurz nach dem Zwischenstopp habe ich Bernhard getroffen. Er kommt aus Hamburg und lief auch das erste Mal den Rennsteig. Tempo und Wellenlänge passten und so haben wir den Weg gemeinsam fortgesetzt. Zu zweit zu laufen kann ungemein helfen. Man kämpft und leidet zusammen, kann sich unterstützen und die Zeit/km vergehen deutlich angenehmer. Wenn es passt. Ist das nicht der Fall, kann es sich anfühlen, wie der längste Lauf deines Lebens. Aber mit Bernhard passte es!

 

So trabten wir durch den Thüringer Wald. Anfangs waren die An- und Abstiege noch recht moderat aber ab der Verpflegungsstelle Masserberg bei km 19 wurde es wirklich anstrengend. Und wer meint, dass bergab einfacher ist als hoch, liegt falsch.

Einer der für mich schwierigsten Passagen liegt zwischen Masserberg und Schwalbenhauptwiese. Hier ging es teils steil durch einen Hohlweg über Stock und Stein.

 

An der Verpflegungsstelle Neustadt (km 30) wartete Matthias. Ich hab mir eine volle Flasche Chiagel gegriffen. Anders als bei einen „normalen“ Marathon habe ich mir an den Verpflegungspunkten Zeit gelassen. So auch hier. Es kam mir auf ankommen an, nicht auf irgendeine Zeit. Außerdem sind die Punkte so reichhaltig ausgestattet, dass ich mich immer erst orientieren musste. So konnte ich mit Matthias ein paar Sätze wechseln.

 

Nach der letzten Verpflegungsstelle (Frauenwald, km 38) hatte ich Bernhard plötzlich verloren. Eben noch hinter mir, war er plötzlich weg. Ich drosselte das Tempo und hielt Ausschau. Schließlich tauchte er wieder auf. Er hatte einen Wadenkrampf, konnte aber langsam weiter traben.

Auch ich hing durch. Ich hatte die Nase gründlich voll. Ich liebe den Wald und die Natur aber es reichte jetzt.

Und es ging weiter. Wie immer zogen sich die letzten km. Selbst die leichten Steigungen waren jetzt bissig. Schließlich ging es kräftig bergab nach Schmiedefeld rein. Hier bekam Bernhard nochmals einen Krampf. Kurzer Stopp, schließlich konnte er langsam weitergehen und sogar wieder an traben

 

Hier waren wieder Zuschauer. Alle feuerten an. Wir wussten, was uns noch erwartet. Der letzte km hatte einen Anstieg von 100 Höhenmetern. Das nach 42,5 km, wo jeder „normale“ Marathon bereits beendet ist. Wir schauten uns an. „Los, den rocken wir! Gehen gilt nicht!“ Beim Durchschlängeln durch die überwiegend gehenden Teilnehmer reihte Bernhard sich hinter mir ein. Er fiel etwas zurück, gab mir aber Zeichen, dass ich weiter ziehen soll. Und so zog ich. Der Zielbogen kam in Sicht. Jippieh! Aber warum liefen die denn weiter? Dahinter der nächste Bogen... und noch einer... und noch einer. Der vierte war dann der letzte. Das war nicht nur mein bisher längster Marathon sondern auch der längste Zieleinlauf meines Lebens. Aber er war großartig!

 

Im Zielbereich traf ich auch Bernhard wieder. Vielen Dank, du warst ein großartiger Mitkämpfer!

 

Und nach etwas Mühe hatten Matthias und ich uns auch getroffen. Der Arme stand am falschen Zielbogen. Er hatte wirklich fast hexen müssen um noch rechtzeitig da zu sein. Schmiedefeld war im kompletten Ausnahmezustand aber es gab einen großen Parkplatz etwas außerhalb des Ortes.

 

Im Zielbereich tobte das reinste Volksfest. Die Läufer bekamen einen Gutschein über Bier und Suppe. Und es gab Duschen (DANKE!!!)

 

Fazit

Wer, wie ich, Landschaftsläufe liebt, kommt dort auf seine Kosten. Beim Marathon starteten dieses Jahr ca 2300 Läufer, einsam wird es also nicht auf der Strecke. Die Bodenverhältnisse sind anspruchsvoll. Ein reiner Straßenläufer wird hier sicherlich mehr Schwierigkeiten haben, als jemand, der eher mal offroad unterwegs ist. Eine stabile Rumpf-, Bein- und Fußmuskulatur ist hier Gold wert.

Für mich Flachländer waren die Berge sehr kräftezehrend. Ich habe über ein Kilo Körpermasse verloren. Das zeigte die Waage nach zwei Tagen an. Der Flüssigkeitsverlust waren hier längst wieder aufgefüllt. Das hatte ich nach langen Trainingsläufen oder auch nach meinen bisherigen Marathons nie.

Die Verpflegungspunkte (7 auf der Marathondistanz) sind traumhaft ausgestattet. Wasser, Iso, der berühmte Haferschleim, Cola, Bier, Tee, Gel, Obst, Bier, Schmalz- ,Wurstbrote.

Ok, mein Magen grüßt da freundlich ab, aber wer es verträgt, muss nichts selber mitnehmen.

 

 

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